Vermögensübertragungen unter Eheleuten sind keine Seltenheit. Wird dabei jedoch der schenkungsteuerliche Freibetrag überschritten, unterliegen die überschießenden Beträge der Schenkungsteuer. Viele Eheleute sind sich dessen und der Tatsache, dass so der Straftatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht wird, nicht bewusst. Noch besteht jedoch die Möglichkeit, solchen Problemen über eine familienrechtliche Lösung beizukommen.
Oft nehmen Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, im Laufe der Ehe erhebliche Vermögensübertragungen untereinander vor. In vielen Fällen sind sie sich nicht der Tatsache bewusst, dass auch unentgeltliche Zuwendungen unter Eheleuten grundsätzlich schenkungsteuerpflichtig sind. Der Freibetrag innerhalb eines Zehnjahreszeitraums beträgt hierbei EUR 500.000. Wird der diesen Wert übersteigende Teil nicht erklärt, machen sich die Eheleute strafbar.
Die sogenannte Güterstandsschaukel ist eine steuerliche Gestaltungsmöglichkeit, die es vermögenden Eheleuten ermöglicht, dem Ehegatten, der während der Ehe deutlich weniger Zugewinn erzielt hat, Vermögenswerte zukommen zu lassen, ohne dass Schenkungsteuer aus-gelöst wird. Hierzu wird der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft zunächst per notariell zu beurkundendem Ehevertrag aufgehoben und die Gütertrennung vereinbart. Nach Ablauf einer Schamfrist können die Eheleute wieder zum gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückkehren.
Im Einzelnen:
Im Zeitpunkt der Herbeiführung der Gütertrennung haben die Ehegatten – mit einigen Ausnahmen – jeweils die Hälfte jenes Zugewinns in Geld herauszugeben, den sie während des Bestands der ehelichen Zugewinngemeinschaft angesammelt haben. Klassischerweise haben beide als mittellose Berufsanfänger geheiratet. Nehmen wir an, dass ein Ehegatte während seines Berufslebens ein Vermögen erwirtschaftet hat, wohingegen der/die andere sich um Haushalt und Familie gekümmert hat, ohne eigenes Einkommen erzielt zu haben. Die Hälfte der Differenz des erarbeiteten Vermögens steht dem anderen / der anderen als Zugewinnausgleich in Geld bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft und damit auch bei vertraglicher Begründung der Gütertrennung zu.
An dieser Stelle kann die Steuergestaltung einsetzen. Denn mit § 5 Abs. 2 ErbStG stellt der Gesetzgeber den Zugewinnausgleich schenkungsteuerfrei. Die Eheleute „schaukeln“ in die Gütertrennung hinein und übertragen in diesem Zuge schenkungsteuerneutral Vermögen auf den minderbegüterten Ehepartner, was zu Zeiten der Zugewinngemeinschaft hohe schenkungsteuerliche Belastungen ausgelöst hätte. Nach Ablauf einer Schamfrist von etwa sechs Monaten, ist es problemlos möglich, zurück in eben jene – eigentlich zu jeder Zeit gewollte – Zugewinngemeinschaft zu schaukeln.
Es kommt noch besser:
§ 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG lässt eine bereits entstandene Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit erlöschen. Das heißt, die Begründung der Gütertrennung und der damit einhergehende Zugewinnausgleich heilen die steuerlichen Folgen von unentgeltlichen Vermögensübertragungen vom finanziell besser gestellten Ehepartner auf den finanzschwächeren Partner rückwirkend. Sollte etwa aus einem auf den finanziell stärkeren Ehegatten lautenden gut gefüllten Bankkonto ein Und-Konto geworden sein, verschwindet das steuerstrafrechtliche Problem auf elegante Weise. Gleiches gilt für Fälle, in denen der vermögendere Partner Immobilien gekauft und bezahlt hat, der finanzschwächere Partner jedoch ebenfalls ins Grundbuch eingetragen worden ist. Auf diese Weise verkürzte Schenkungsteuer erlischt bei diesem Szenario zumindest bis zur Höhe des Zugewinnausgleichs rückwirkend. Diese Gestaltung lässt die vollendete Hinterziehung von Schenkungsteuer und damit alle strafrechtlichen Probleme rückwirkend entfallen. Sollte mehr als der Zugewinnausgleich übertragen worden sein, ist der steuer(strafrecht)lich zu würdigende Betrag in vielen Fällen immerhin deutlich vermindert worden.
Diese Besonderheit sucht in der deutschen Steuerlandschaft ihresgleichen. Der Gesetzgeber wollte mit § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG eigentlich finanziell schwächer aufgestellte Ehepartner vor steuerlichen Härten im Scheidungsfall bewahren. Und das macht ja auch Sinn. Dass Eheleute mit großem, aber ungleich verteiltem Vermögen die Zahlung von Schenkungsteuer umgehen und so vermeiden können, wird er jedoch kaum im Sinn gehabt haben. Erst recht wollte der Gesetzgeber nicht, dass Steuerstraftäter rückwirkend privilegiert werden, ohne dass sie eine wirksame steuerliche Selbstanzeige abgegeben haben. Denn genau das passiert vorliegend: die Güterstandsschaukel spart die gesamte Schenkungsteuer und schützt vor der Verurteilung durch die Strafgerichte.
Tatsächlich scheint in der jüngeren Vergangenheit ein Umdenken in der Finanzverwaltung und auch bei den Gerichten stattgefunden zu haben. So hat das Finanzgericht Hessen (10 K 477/17) in 2018 entschieden, dass das Finanzamt in einem Fall wie dem oben geschilderten zu recht Hinterziehungszinsen nach § 235 AO festgesetzt hat, obwohl der Steueranspruch mit Wirkung für die Vergangenheit erloschen ist. Im Ergebnis zahlen die Steuerpflichtigen zwar keine Schenkungsteuer, werden jedoch auf der Zinsebene wie Steuerhinterzieher behandelt. Die Auffassung, Steueransprüche, die es nicht – mehr – gibt, seien zu verzinsen, ist zwar kaum nachvollziehbar. Aber dieses erstinstanzliche Urteil ist in der Welt. Eine Entscheidung des BFH hierzu und damit Klarheit wird es sobald nicht geben, da das Urteil nicht angegriffen worden ist, obwohl das Finanzgericht die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung ausdrücklich zugelassen hat. Es ist nach alledem zu befürchten, dass sich die Finanzämter den dogmatischen Kunstgriff des FG Hessen zu Eigen machen und in naher Zukunft Hinterziehungszinsbescheide auf vergleichbare Altfälle erlassen.
Sollte dieses Vorgehen der Finanzbehörden Schule machen, kann es für die Steuerpflichtigen sehr teuer werden. Zum einen wird in solchen Fällen die erloschene Steuerlast tendenziell eher hoch gewesen sein; zum anderen schlägt der AO-Zins mit zurzeit sechs Prozent pro Jahr zu Buche. Darüber hinaus liegen die betroffenen Schenkungsvorgänge häufig genug längere Zeit zurück. Da die Festsetzungsverjährung nicht zu laufen beginnt, bevor das Finanzamt Kenntnis von der Schenkung erlangt hat oder der Schenker gestorben ist, kann die Zinsbelastung enorm sein.
Vor dem Hintergrund, dass die Strafverfolgungsbehörden permanent nach strafschärfenden Auslegungen bestehender Gesetze suchen und die Strafgerichte – allen voran der zuständige 1. Strafsenat des BGH – diese Tendenz gerne mitgehen, steht zu befürchten, dass das beschriebene Schlupfloch in nicht allzu ferner Zukunft geschlossen wird, sofern der Gesetzgeber dies nicht ohnehin zuvor tut.
Fazit:
Solange der Wechsel des Güterstands noch seine derzeitige vollumfängliche Wirkung entfaltet, sollten Nachmeldungen, die dem Finanzamt gegenüber die Gütertrennung und den Zugewinnausgleich offenbaren, so vorbereitet sein, dass sie auch den Anforderungen einer steuerlichen Selbstanzeige standhalten. Wenn das Finanzamt dann nämlich die Privilegien aus § 29 ErbStG versagt, fällt der Steuerpflichtige weich und wird nicht bestraft. Hierzu sind zwingend alle für die schenkungsteuerliche Nachveranlagung benötigten Besteuerungsgrundlagen aufzuarbeiten und dem Finanzamt zu übermitteln. Nur mit dieser Doppelstrategie ist der Steuerpflichtige vor einer Bestrafung sicher.